Seit November 2021 hat die Aktie des Software-Herstellers SAP um knapp 35% korrigiert. Vom bisherigen Spitzenniveau bei rund 143 Euro, erreicht zuletzt im Juli 2020, hat die Aktie sogar rund 40% verloren.
Dabei stand und steht nach wie vor das große Gap aus dem Oktober 2020 im Raum, als SAP dem Markt verkündete, dass man für die nähere Zukunft erst einmal mit geringeren Profitabilitätszuwächsen rechnet, weil man sehr schnell vom bisherigen Lizenz-Geschäftsmodell auf ein Abo-System in der Cloud umstellen will, was mit hohen Investitionen einherginge. Die bisherigen Geschäftszahlen untermauerten dies letztlich. Allerdings auch die Kernaussage, dass die neue Cloud-Strategie in der mittel-bis längerfristigen Perspektive das deutlich profitablere Modell sein wird.
SAP wegen Ukraine unter Druck
Was SAP und insbesondere der Aktie in den letzten Monaten zu schaffen machte, waren die hohen Investitionen, aber natürlich zuletzt auch der Rückzug aus dem russischen Markt infolge des Ukraine-Krieges, was SAP im ersten Quartal einen Gewinneinbruch um 41% auf nur noch 632 Mio. Euro einbrachte. Indes: Die Zukunftsperspektiven bleiben nach wie vor hoch und stark. Dies kann man auch an den Ergebnissen der beiden stärksten Wettbewerber Oracle und Salesforce sehen, die im ersten Quartal überraschend starke Quartalszahlen präsentiert hatten. SAP versucht hier die Aufholjagd, was natürlich erst einmal die die Ergebnisse belastet.
Für die Aktie erschwerend kommt jetzt eine neue Analysteneinschätzung von BNP Paribas hinzu. Der zuständige Analyst hat die SAP-Aktie von zuvor Outperform auf Neutral zurückgestuft. Seine Begründung: Er sieht Risiken in der Nachfrage, weil Investitionen in Software zunehmend angesichts der Marktlage auf den Prüfstand gestellt werden.
Digitalisierung beleibt Wachstumstreiber
Das ist grundsätzlich nicht von der Hand zu weisen. Allerdings wohl doch etwas zu kurz gedacht. Denn am Trend zur weiteren Digitalisierung bei Unternehmen und vor allem am Siegeszug von Cloud-Anwendungen ist weiterhin nicht zu rütteln. Dass Unternehmenskunden in der jetzigen Lage erst einmal darüber nachdenken müssen, wo sie wann und wie viel investieren wollen, ist nachvollziehbar.
Um hier allerdings nachhaltig wettbewerbsfähig zu bleiben, dürfte gerade der Bereich Unternehmenssoftware kaum zu denen gehören, an denen umfangreich gespart wird. Insofern sehen wir hier in der aktuellen Schwäche eher ein Sentiment- statt eines fundamentalen Problem.
Aktie vor Entscheidungssituation
Was macht die Aktie daraus? Sie ist inzwischen auf dem Stand beim Corona-Crash im März 2020 zurückgefallen. Was tatsächlich ein äußerst interessantes Niveau darstellt. Denn hier verläuft eine Unterstützungszone, die auch schon in den Jahren zuvor getestet und bestätigt wurde. Insofern scheint der Bereich um die 83/85 Euro ein äußerst attraktives Auffangniveau zu sein.
Natürlich sollte dies durch eine entsprechende Bodenbildung bestätigt werden. Dennoch würden wir hier davon ausgehen, dass eine Aufwärtschance größer ist als ein weiteres Abwärtsrisiko. Spekulativ aufgestellte Anleger könnten hier sicherlich jetzt schon eine erste neue Position einnehmen. Wer’s etwas sicherer mag, wartet noch ab und operiert hier eher mit Stop-Buy bei 91 Euro.