Tech-“Visionäre” versuchen seit Jahrzehnten, der Welt die Zukunft der virtuellen Realität zu verkaufen, wobei sie hauptsächlich Videospiele und überzogene Hype als Aufhänger verwenden, aber Apple wählte am Montag einen erwachseneren – und spannenderen – Ansatz. Doch reicht das für neue Höchstkurse?
Als Apple endlich sein lang erwartetes Augmented-Reality-Headset vorstellte, vermied die Geschäftsführung den Hype und Bilder, die lange Zeit mit einer Technologie verbunden waren, die nie über eine Nische hinausgekommen ist. Das war ein willkommener Ansatz und deutet auf ein potenziell starkes Angebot hin – auch wenn der Beweis für dieses Potenzial noch lange auf sich warten lassen wird.
Das Gerät von Apple scheint eine enorme Verbesserung des Konzepts darzustellen, einen Computer effektiv an das Gesicht des Benutzers zu bringen, ein Fortschritt gegenüber den Quest Virtual-Reality-Headsets von Meta und gegenüber der frühen Iteration der Fähigkeiten von Google Glass vor einem Jahrzehnt. Apple präsentierte das Headset in vielen verschiedenen Anwendungsbereichen, von der Büroumgebung, wo es für 3-D-Rendering und Modelle von Strukturen verwendet werden kann, bis hin zum privaten Bereich, wo man in meditative Räume und Unterhaltung eintauchen kann, um dann mit Freunden in einer erweiterten Version von FaceTime zu interagieren. Das Vision Pro Gerät selbst scheint auch beeindruckend zu sein. Mike Rockwell, Apples Vizepräsident für Augmented und Virtual Reality, sagte während einer Keynote auf der WWDC, dass Apple während der mehrjährigen Entwicklung des Geräts 5.000 Patentanträge eingereicht hat.
Apple setzt also eindeutig darauf, dass der Vision Pro einen iPhone-Moment für Mixed-Reality-Geräte und eine neue Generation von Computern darstellt. Es war leicht zu erkennen, wie Vision Pro von Architekten, Ingenieuren, Produktherstellern und sogar von Passagieren in Flugzeugen, die ihre Umgebung ausblenden wollen, genutzt werden könnte.
Kein Gadget für das Hobby oder Gaming…
Das Konzept, Vision Pro für die Arbeit zu nutzen, lieferte wertvolle Bilder, denn Apples Preisschild von 3.500 Dollar ist offensichtlich nicht auf Hobbyisten und Gamer zugeschnitten. Dieses Preisschild und die am Montag gezeigten Fähigkeiten erinnern an professionelle Anwender, die bereit sind, für diese Erfahrung zu bezahlen – oder, was mindestens genauso wahrscheinlich ist, ihre Arbeitgeber dafür bezahlen zu lassen.
Viele andere Unternehmen, die sich mit Mixed Reality befasst haben – darunter auch Microsoft – haben solche Geräte mit Blick auf den Verbrauchermarkt angeboten, fanden aber schließlich größere Akzeptanz auf dem Unternehmensmarkt. Apple scheint diese Lektion bereits vor der Markteinführung gelernt zu haben und wird sein Gerät nicht als lustiges Spielzeug, sondern als Ersatz für einen teuren Mac oder einen anderen PC vermarkten – ein Ersatz, der viele neue Erfahrungen bieten könnte. Die zahlreichen virtuellen Bildschirme und die Bewegungen der Hände des Benutzers, die sie bedienen, sowie die hochauflösenden Bilder von 3-D-Filmen und der räumliche Klang standen im Gegensatz zu den kindlichen Bildern, die wir von Mark Zuckerbergs Vision eines “Metaverse” gesehen haben. In der Apple-Demonstration am Montag waren keine Cartoon-Avatare zu sehen – auch keine mit fehlenden Beinen – und auch keine Tastatur, nicht einmal eine virtuelle, und auch keine Controller.
…und nichts für den Weihnachtsbaum
Indes: Es handelte sich jedoch nur um eine aufgezeichnete Demonstration, die keinen Beweis dafür lieferte, dass die gezeigten Erfahrungen so einfach und unterhaltsam sind, wie versprochen. Und es wird noch eine ganze Weile dauern, bis wir herausfinden, wie nah das tatsächliche Erlebnis für die meisten von uns am Marketing liegt: Apple wird den Vision Pro nicht vor 2024 auf den Markt bringen und damit das diesjährige Weihnachtsgeschäft verpassen. Diese Verzögerung trug wahrscheinlich zu der gedämpften Reaktion der Wall Street auf die Veranstaltung bei. Die Aktien fielen von ihren Allzeithochs zu Beginn der Sitzung auf ein Tagesminus.
Das Warten auf die ersten Vision Pro-Geräte in den Händen – und auf den Gesichtern – ist nicht die einzige Verzögerung, die auf uns zukommt. Es wird erwartet, dass sich die Verkäufe zunächst nur langsam entwickeln werden, da der anfängliche Preis von 3.499 Dollar das Gerät für die meisten unerschwinglich macht und Entwickler Jahre brauchen könnten, um auf den Zug aufzuspringen und Anwendungen zu entwickeln, die die Vorteile des neuen Headsets und seiner erweiterten Welt nutzen.
Fazit: Der Markteintritt von Apple ist ein Wendepunkt für die Branche und eine große Bestätigung für alles, woran man in der Branche gearbeitet hat – und es wird sicher noch mehr Vertrauen in den globalen Markt für VR bringen. Es wird aber auch einige Zeit dauern, um herauszufinden, ob Apples kostspieliges Vision Pro der bisher größte Erfolg für Tim Cook ist, der seit fast 12 Jahren an der Spitze von Apple steht, aber bisher noch kein neues Produkt geliefert hat, das mit den Erfolgen seines Vorgängers, des legendären Apple-Mitbegründers Steve Jobs, mithalten kann. Was Apple am Montag gezeigt hat, ist aber ein Gerät, das genauso bahnbrechend sein könnte wie das iPhone, aber der Weg zum Beweis dieses Konzepts wird mühsam sein. Alles dies sind gute Nachrichten, aber vermutlich wird es noch nicht ausreichen um den Kurs deutlich (!) nach oben zu drücken, bzw. kein Nvidia Feuerwerk entfachen. Apple bleibt also erst einmal eine solide Halteposition bis ein Break erfolgt und von oben heraus bestätigt wird. Störend ist auch die überkaufte Marktlage: