Der europäische Batterie-Sektor wartet mit interessanten Nachrichten auf. Während Varta eine harte Sanierung durchläuft, bei der die Altaktionäre wahrscheinlich leer ausgehen, positioniert sich gerade Porsche wohl aktiv in diesem Sektor. Mit dem Einstieg bei Varta schlagen die Schwaben zwei Fliegen mit einer Klappe. Teure Eigenentwicklungen können nun in einem innovativen Rahmen für den Gesamtmarkt bereitgestellt werden.
Alla long wird die E-Mobilität also kommen, ebenso wie die Energiewende in der lokalen Versorgung. Denn wer heute Spitzenlastzeiten im Netz ausgleichen möchte, braucht Zwischenspeicher in leistungsfähiger Dimension vor Ort. Die Klimawende hat bisher Gewinner und Verlierer zum Vorschein gebracht. Nach dem Niedergang der Wasserstofftitel, könnte die nächste Aufwärtswelle nun bei den Batteriemetallen starten. Was sollten Investoren genauer in den Fokus nehmen?
BASF – Mit den großen Batterieherstellern im Boot
Die Aktie von BASF führt zurzeit eher ein unbeachtetes Leben an der Börse. Konnte der Kurs noch vor dem Dividendentermin im April zweistellig zulegen, so scharf ist die aktuelle Korrektur nach unten. BASF hat aber im Markt für Energiespeicher eine gehörige Menge mitzureden. Denn die Ludwighafen sind einer der Weltmarktführer für Batterie-Materialien. Nach Investitionen in China möchte der Konzern nun auch im US-amerikanischen Michigan Kathodenmaterialien aus recycelten Metallen herstellen, die in Lithium-Ionen-Batteriezellen des Kooperationspartners Nanotech Energy verwendet werden.
Nanotech Energy ist ein Anbieter von Energiespeicherprodukten auf Graphenbasis mit Sitz in Kalifornien. BASF kann als Anbieter von Kathodenmaterial sinnvolle Konzepte für ein Recycling liefern. Denn schon in wenigen Jahren werden die ersten Aggregate aus der E-Mobilität ausgedient haben. Ein großes Problem für die Autoindustrie, denn laut europäischer Gesetzeslage muss sogenannter „Elektroschrott“ vom Händler zurückgenommen werden. Die meisten Produzenten haben aber derzeit noch gar keine Vorstellung, wie das Recycling von Millionen von Aggregaten logistisch bewältigt werden kann.
Mit dem jüngsten Kursverfall auf 44,50 EUR bildet die BASF-Aktie als hochzyklischer Wert eine gute Einstiegsgrundlage. Immerhin 12 von 25 Analysten auf der Plattform Refinitiv Eikon erteilen derzeit ein „Kauf“-Votum mit einem 12-Monatskurziel von ca. 54 EUR. Gut 20 % Kursaufschlag für ein aktuelles KGV 2024e von 12,5 und einer zuverlässigen Dividendenrendite von 7,5%.
Sanierungsfall Varta: Der VW-Konzern schickt Porsche
Das ging dann doch schnell. Am letzten Wochenende waren es noch Gerüchte, nun gibt es Gewissheit. Varta strebt eine harte Sanierung des eigenen Konzerns an und greift dabei auf das unbeliebte Mittel StaRUG zurück.Unter diesem Gesetz sollen taumelnde Unternehmen stabilisiert und restrukturiert werden, eine mögliche Insolvenz soll damit aber abgewendet werden. Für die Aktaktionäre, Banken und umtriebigen Hedgefonds bedeutet das einen herben Kapitalschnitt, denn als Sanierungspartner bieten sich Großaktionär Montana Tech mit Chef Michael Tojner und die Porsche AG an.
Dass auch die Gläubiger mit massiven Haircuts zur Kasse gebeten werden, überrascht schon ein wenig – und das auch noch ohne zukünftige Teilnahme an der genesenen Unternehmung. Die Varta-Führung um den neuen Vorstandschef Michael Ostermann verweist darauf, mit dem Schritt in erster Linie Arbeitsplätze und Gläubigerinteressen zu sichern. Zwei Restrukturierungspläne liegen wohl bereits vor. Beiden gemein ist eine vereinfachte Herabsetzung des Grundkapitals auf null Euro. Im Anschluss daran soll eine Kapitalerhöhung stattfinden, bei der unter Bezugsrechtsausschluss neue Aktien verteilt werden. Für bestehende Aktionäre kommt es einem Totalverlust gleich, schärfer ausgedrückt könnte man auch von einer Enteignung sprechen.
Warum sich gerade Porsche für einen Einstieg bei Varta interessieren könnte liegt auf der Hand. Zum einen haben die beiden Unternehmen bereits Testläufe zur Hoffnungs-Batterie V4Drive durchgeführt, zum anderen sucht auch der gesamte VW-Konzern nach innovativen Batterie-Konzepten. Immerhin steht im spanischen Valencia ab 2026 ein riesiges Werk bereit, das technologisch sicherlich noch nicht bis ins letzte Detail vorgedacht ist. Immerhin holen sich die Wolfsburger bereits bei dem US-Unternehmen Rivian entsprechende Software-Expertise ins Haus. Warum also nicht auch die Batterie-Entwicklung breiter aufstellen und massentauglich machen?
Für bestehende Aktionäre endet die Varta-Geschichte erst mal in einem Desaster, denn ganze 99 % vom Hoch bei rund 180 EUR aus Anfang 2021 sind nun eingeäschert. Mit einer Gewinnwarnung fällt die Porsche AG nun auch schon fast 40 % auf das 12-Monatstief von 69 EUR und auch die Mutter Volkswagen steht mit rund 106 EUR und KGV 3,5 ohne wirkliche Kaufinteressen an der Kurstafel.
BYD und Tesla – Das Kopf an Kopf-Rennen geht weiter
Wer nach den größten Batterieherstellern der Welt sucht, wird in Asien fündig. Marktführer mit einem Weltmarktanteil von 37 % ist die chinesische CATL (Contemporary Amperex Technology Co. Limited), ihr folgen LG Energy mit 14 % und BYD mit etwa 13 %. Auf den Plätzen dann Panasonic, Samsung SDI, SK Innovation Group und die japanische AESC. Die größten Hersteller von EV-Batterien dominieren den Markt durch umfangreiche Produktions-Kapazitäten, strategische Partnerschaften mit großen Automobilherstellern und kontinuierliche Investitionen in Forschung und Entwicklung.
Diese Unternehmen treiben durch ihre Dynamik weitere Investitionen in die Elektromobilität voran, vor allem in China. Während Europa noch über die richtige Mobilitäts-Technologie diskutiert, hat man die nachhaltige Entwicklung des Automobilsektors bereits vor Jahren an Asien abgegeben. Mit den aktuellen Luftverschmutzungs-Werten hat natürlich China das größte Interesse in dieser Weiterentwicklung führend zu bleiben. Die EU hingegen, reagiert erst mal mit Strafzöllen gegenüber den subventionierten Ost-Importen, trifft damit aber auch die Fernost-Fertigungen deutscher Automobil-Hersteller.
Während die europäischen Hersteller als abgeschlagen gelten, liefern sich First-Mover Tesla und BYD einen erbitterten Kampf an der BEV-Front. BYD liefert von Quartal zu Quartal konstante Zuwächse in seinem Ausstoß, bei Tesla überschlagen sich aktuell die Nachrichten. Zum einen lagen die letzten Produktionszahlen unter den Erwartungen, andererseits konnte einige Fahrzeuge vom Hof verkauft werden, was wiederum Umsatzrekorde bescherte. Nun wurde aber gestern die Premiere des lang angekündigten Roboter-Taxis in den Oktober verschoben. In Q2 hat sich Tesla insgesamt stabilisiert, wenn auch auf niedrigerem Niveau als 2023.
Die Jahre des raschen Wachstums sind offensichtlich vorbei, jetzt geht es an die Konsolidierung. Immerhin lag der Umsatz in Q2 2024 dezent über den Erwartungen, auch den Gewinn konnte Tesla im Vergleich zum Jahresauftakt steigern. Trotzdem bleibt die weitere Geschäftsentwicklung schwierig. Nachdem der Boom mit Model 3 und Y allmählich abebbt, hatte Tesla die Robotaxis zur nächsten Wachstumswelle stilisiert. Doch hier kann man aktuell noch nicht liefern.Das Wachstum erzeugen stattdessen zwei andere Bereiche: Zum einen die Service-Sparte, welche stramme 21 % zulegt, zum anderen der Bereich Energieerzeugung und -speicherung mit einer glatten Verdopplung des Umsatzes auf 3 Mrd. USD.
Wirklich enttäuschend ist aber der Margenrückgang im Konzern von ehemals 16 % auf branchenübliche 5,8 %. Kein Wunder, dass einige Analysten die überbewertete Aktie zum Verkauf stellen. JPMorgan votiert mit „Underweight“ und erwartet 115 USD, UBS reagiert mit „Sell“, sieht aber immerhin noch einen preis von 197 USD in 12 Monaten. Davon ist die Tesla-Aktie mit 225 USD aber nicht mehr weit entfernt. BYD geht aus Sympathie auch mit 2,5 % auf 27,50 EUR auf Tauchstation. Beide Aktien sind derzeit kein Kauf, der Sektor schreit nach Konsolidierung.
Kuniko Ltd. und Electrum Discovery – Auf dem Sprung zu Lieferanten
Batterie-Metall Lieferanten stehen in der Startposition, die hohen Bedarfe der großen Hersteller zu beliefern. Das australische Unternehmen Kuniko Ltd. exploriert und entwickelt eine Reihe von Rohstoffprojekten mit den strategischen Metallen Nickel, Kupfer, Kobalt und Lithium in Norwegen und Schweden. Der Fokus liegt mit dieser geostrategischen Lage natürlich auf dem europäischen Batteriemarkt. Denn er wird sich wohl in den nächsten 10 Jahren ähnlich rasant entwickeln, wie es die Weltmarktführer aus Asien bereits unter Beweis gestellt haben.
Dennoch tickt der EU-Markt anders, denn Technologien werden hier meist erst umgesetzt, wenn die lange, politische Diskussion in Brüssel zu einem positiven Ende geführt wurde. Aktuell gibt nur eine sehr begrenzte heimische Produktion an batterietauglichen Metallen, deswegen rückt auch der Lithium-Gigant Serbien in den Dunstkreis umtriebiger Politiker wie z.B. Olaf Scholz. Auch die Liegenschaften von Kuniko sind geeignet, die belastende Abhängigkeit Europas von externen Quellen zu mindern. Insbesondere China fällt wegen der Russland-Nähe immer weiter in der Gunst möglicher Partner zurück.
Kuniko entstand 2021 als Spin-off von Vulcan Energy, nach deren Fokussierung auf die deutschen Lithium-Ressourcen aus der unterirdischen Sole des Oberrheingrabens. So ist die ehemalige Mutter auch mit rund 16 % heute noch ein großer Shareholder. Auffällig ist aber das Investment des europaweiten Automobilgiganten Stellantis mit ganzen 19 %. Hier hat man bereits frühzeitig an eine Abnahmevereinbarung von 35 % der zukünftigen Nickel- und Cobalt-Produktion gedacht. Stellantis will sich natürlich Rohstoffe sichern, wie es seinerzeit Volkswagen in Bolivien wenig erfolgreich vorgemacht hat.
Kuniko ist von der Pike auf nachhaltig unterwegs, ESG ist als strategischer Eckpfeiler in der Unternehmensphilosophie verankert. Damit kommt man auf die Partnerlisten von großen Abnehmern, die ihr Sourcing über Lieferketten-Nachweise belegen müssen. Das Marktumfeld mit einem steigenden Bedarf an Batterie- und Energiespeichermetallen ist für Kuniko derzeit ausgesprochen gut. Die Trends in Richtung kohlenstoffarmer Wirtschaft werden Angebotsdefizite verursachen, die die derzeit konsolidierenden Rohstoffpreise schnell wieder nach oben katapultieren können. Der Lithium-Sektor ist bereits seit Wochen technisch überverkauft, ein Initial-Bewegung nach oben sollte also nicht verwundern.
In der Peergroup von Kuniko erscheint auch die kanadische Electrum Discovery. Nachdem die EU zum wiederholten Male Nickel, Kupfer, Kobalt und Lithium auf die Liste der strategischen Metalle genommen hat, stehen lokale Explorer und Projektierer im Fokus. Das Unternehmen verfügt über einige interessante Kupfer- und Goldprojekte in Serbien. Dabei steht Electrum zwar erst noch am Anfang seiner Entwicklung, dennoch befindet man sich in einem der Hot Spots des europäischen Bergbaus. In Serbien haben sich bereits milliardenschwere Konzerne positioniert, international im Fokus steht Rio Tinto mit seinem Projekt im Jadar-Tal. Beim Besuch des deutschen Kanzlers in Belgrad traf er auf Präsident Aleksandar Vucic und dem Vizepräsidenten der EU-Kommission Maros Sefcovic. Sie alle konnten die Unterzeichnung eines Abkommens vollziehen, das eine umweltverträgliche Förderung des wertvollen Leichtmetalls Lithium im Jadar-Tal ermöglichen soll.
Die Bergbaukonzerne wollen Serbiens gute Infrastruktur und die Nähe zu den Abnehmermärkten in Westeuropa nutzen. Natürlich will auch Deutschland seine Interessen frühzeitig sichern und wohl Serbien trotz der Russland-Nähe als Lieferanten akzeptieren. Groß muss die Not sein, wenn man in diesem Fall über seine eigenen Statuten hinwegsieht. Electrum Discovery fokussiert sich in Serbien auf die zwei Projekte: Timok East und Novo Tlamino. Dabei wurde die Phase der reinen Exploration auf Novo Tlamino bereits zu den Akten genommen. Hier hat man 2020 eine erste Ressourcenschätzung über 670.000 Unzen vorgelegt. Die darauffolgende Wirtschaftlichkeitsstudie geht von einem Produktionspotenzial von 50.000 Unzen Gold zu niedrigen 522 USD Kosten je Unze jährlich aus.
In unmittelbarer Nähe baut die chinesische Zijin Mining bereits viele Metalle ab. Sie ist einer der größten Gold- und Kupferproduzenten der Welt und hatte sich über die 1,8 Mrd. USD schwere Übernahme von Nevsun Resources das Vorkommen gesichert. Zijin ist für seine Expansionsfreude bekannt und könnte auch bald auf die Assts von Electrum Discovery stoßen. CEO Dr. Elena Clarici zeigt sich über die ersten Feldarbeiten und Datenauswertungen auf dem Teilstück Jube Jube begeistert, die Verwerfungszone zwischen Liska und Barje wurde nun als neues Ziel mit hoher Priorität identifiziert. Hier dürften demnächst einige News anstehen.
Sowohl Kuniko Ltd. mit einem Marktwert von nur 17,3 Mio. AUD als auch Electrum Discovery mit 4,4 Mio. CAD sind ein Investment wert. Denn die europäische Rohstoff-Landschaft rund um wichtige Energiespeicher-Metalle ist erst im Entstehen. Hier braucht es noch viele engagierte Rohstoff-Unternehmen, die eine Explorationsleistung erbringen. Nur dann kann der Schritt in die ersehnte Unabhängigkeit gelingen.
FAZIT
Die Dekarbonisierungs-Strategie wird weltweit unterschiedlich gelebt. Während die Emerging Markets wegen ihres noch rückständigen Entwicklungsstadiums noch länger auf der fossilen Seite verweilen werden, ist es an die vermögenden Zonen des Globus, der Verschmutzung der Atmosphäre Einhalt zu gebieten. Erst wenn die Konzepte in den reichen Ländern funktionieren, kann eine Adaption in den ärmeren Zonen funktionieren. Natürlich braucht es Investitionen, Gesetze und Unternehmertum. Anleger können von diesen innovativ-getriebenen Trends profitieren, indem sie interessante Standard-Titel des Sektors Energie-Technologien mit aussichtsreichen Rohstoff-Investments mischen. Ein ausgewogenes Depot diversifiziert sich über viele Themen und Kontinente, damit sinkt das Risiko erheblich.