Die ARI Motors Industries SE gehört zu jenen Unternehmen, die zeigen, dass Innovationskraft, Unternehmergeist und strategische Nischenorientierung auch abseits der großen Automobilkonzerne zu bemerkenswertem Wachstum führen können. Seit dem Börsengang im Juli 2023 hat sich der Hersteller elektrischer Leichtfahrzeuge nicht nur an den Kapitalmärkten etabliert, sondern auch sein operatives Geschäft spürbar ausgebaut. Mit über 1.000 verkauften Fahrzeugen, einem wachsenden Servicenetz, ehrgeizigen Technologiepartnerschaften und der Erschließung neuer Absatzmärkte – darunter auch der militärische Bereich – stellt ARI unter Beweis, wie dynamisch und vielfältig sich der Markt für urbane Elektromobilität entwickelt. Im Gespräch mit Thomas Kuwatsch, geschäftsführender Direktor der ARI Motors Industries SE, werfen wir einen Blick auf die bisherigen Meilensteine, die Herausforderungen durch internationale Wettbewerber, strategische Innovationsprojekte sowie den Weg zu einer möglichen Neubewertung der Aktie an der Börse.
Future Money (FM): Herr Kuwatsch, die Aktien der ARI Motors Industries SE werden seit dem 20. Juli 2023 unter der WKN A3D6Q4 im Primärmarkt der Börse Düsseldorf als auch in einigen weiteren Handelssegmenten, wie dem Basic Board der Frankfurter Wertpapierbörse gehandelt. Was sind die wichtigsten Erfahrungen, die Sie in diesen knapp zwei Jahren Börsenpräsenz gesammelt haben?
Thomas Kuwatsch: Seit dem Börsengang im Juli 2023 konnten wir wertvolle Erfahrungen sammeln. Der Handel unserer Aktien an der Börse Düsseldorf und weiteren Handelssegmenten hat uns mehr Sichtbarkeit und Zugang zu Kapital verschafft. Gleichzeitig haben wir gelernt, wie wichtig eine kontinuierliche und transparente Kommunikation mit unseren Aktionären ist, um Vertrauen aufzubauen und die Marktposition zu stärken. Die Volatilität kleinerer Titel ist naturgemäß höher, was wir durch gezielte Investor-Relations-Maßnahmen ausgleichen möchten.
FM: Neben dem Handelsgeschehen an der Börse gab es natürlich auch den Handel im operativen Geschäft – dem Verkauf von elektrischen Leichtfahrzeugen, die vornehmlich durch Gewerbetreibende auf der letzten Meile eingesetzt werden. Was sind die wichtigsten Meilensteine, die Sie und Ihr Team hier in den letzten beiden Jahren erreicht haben?
Thomas Kuwatsch: Im Bereich der elektrischen Leichtfahrzeuge konnten wir in den letzten zwei Jahren bedeutende Fortschritte erzielen:
- Ausbau unseres Vertriebsnetzes mit Fokus auf Städte und Gemeinden, Großbetriebe sowie Gewerbetreibende im Bereich der letzten Meile
- Einführung neuer Modelle wie der ARI 1710 in der Sprinter Größe, der ARI Bruni und zuletzt der ARI Poly als echten Elektro-Kleinwagen
- Erreichen der Marke von deutlich über 1.000 verkauften Fahrzeugen
- Ausbau von Reparatur-, Wartungs- und Gebrauchtwagenhandel als weitere wichtige Umsatz- und Ertragsquellen
Diese Meilensteine zeigen, dass wir sowohl technologisch als auch vertrieblich auf einem guten Weg sind.
FM: Die Branche der E-Mobilität befindet sich stetig in Bewegung. Mehr und mehr chinesische Anbieter bieten ihre günstigen Fahrzeugen in Europa an. Dazu gibt es immer wieder neue Gesetzesentwürfe, die dann teilweise auch Verabschiedet werden. Da ist es für den Otto-Normalverbraucher ziemlich schwierig vom Ottomotor auf batteriebetriebene Fahrzeuge umzusteigen. Immerhin besteht der Gesamt-Pkw-Bestand in Deutschland mit 49,34 Millionen Fahrzeugen noch zu knapp 95 Prozent aus Bezin- oder Dieselmotoren. Eigentlich enorm viel Potential. Wie beurteilen Sie die aktuelle Marktsituation?
Thomas Kuwatsch: Die E-Mobilitätsbranche ist dynamisch und wettbewerbsintensiv. Der zunehmende Markteintritt chinesischer Anbieter sorgt für Preisdruck, gleichzeitig verändern sich regulatorische Rahmenbedingungen ständig. Trotz und gerade wegen des hohen Anteils von Verbrennerfahrzeugen in Deutschland sehen wir enormes Wachstumspotenzial, insbesondere im Bereich urbaner und gewerblicher Elektromobilität. Unsere Strategie ist es, mit wettbewerbsfähigen, zuverlässigen und speziell auf die Bedürfnisse unserer Kunden zugeschnittenen Fahrzeugen mit günstigen Preisen zu überzeugen.
FM: Dafür, dass die ARI Motors Industries SE sicherlich zu den kleineren Anbietern im Bereich der E-Mobilität gehört, muss man sich in Punkto eigener Innovationen nicht verstecken. Mitte April veröffentlichten Sie per Ad-hoc einige interessante Projekte. Dabei ging es unter anderem um die Entwicklung von PV-Modulen um E-Fahrzeuge ein Stück weit energieautark zu machen. Ihr Kooperationspartner ist kein Unbekannter: die 2012 in Berlin gegründete OPES Solutions GmbH wurde 2021 als “Best Quality Supplier“ für hohe Materialeffizienz, niedrige Ausfallraten und exzellentes Qualitätsmanagement ausgezeichnet. Dazu hat das Unternehmen seit dem Jahreswechsel eine eigene Serienproduktion in VIPV-Modulen in Zwenkau aufgebaut.
Darüber hinaus gibt es eine Zusammenarbeit mit keinem geringeren als der im MDAX notierten HELLA GmbH & Co. KGaA bei der Entwicklung von LED-Displays mit deren Hilfe auf groβflächigen Fahrzeugen Werbung, Logos und besondere Angebote angezeigt werden sollen.
Schliesslich gibt es da noch ein Förderprogramm, innerhalb dessen ARI Motors zusammen mit der Technischen Universität München an der Entwicklung von aus Kunststoff bestehender Antriebsmotoren forscht. Allesamt sehr interessante und aussichtsreiche Projekte. Wie ist hier der Stand der Dinge? Wann können die Projekte erste Früchte tragen und zum Wachstum von Umsatz und Ertrag beitragen?
Thomas Kuwatsch: Unsere Kooperationen mit OPES Solutions, HELLA und der Technischen Universität München laufen planmäßig:
- PV-Module zur teilweisen Energieautarkie der Fahrzeuge befinden sich in der Prototypenphase mit ersten Tests.
- LED-Displays für Werbeanwendungen werden aktuell in Pilotprojekten erprobt.
- Die Forschung an Kunststoffantriebsmotoren ist vielversprechend und wird voraussichtlich innerhalb der nächsten 12 bis 18 Monate erste marktfähige Ergebnisse liefern.
Diese Innovationen sollen selbstverständlich mittelfristig den Umsatz und Ertrag weiterhin positiv beeinflussen.
FM: Eine weitere, durchaus polarisierende Meldung wurde Anfang Mai publiziert. Dabei ging es um die Unterzeichnung einer Absichtserklärung mit der eROCKIT AG, deren Tochtergesellschaft eROCKIT Systems GmbH im Oktober vergangenen Jahres Insolenz angemeldet hatte. Ziel war es, ein gemeinsames Joint-Venture Unternehmen mit dem Namen eROCKIT DEFENCE zu gründen, um die gemeinsame Entwicklung, Produktion und den Vertrieb von elektrisch betriebenen Zweirädern und Amphibienfahrzeugen für den vornehmlich militärischen Einsatz voranzubringen. Was ist aus diesem Projekt geworden?
Thomas Kuwatsch: Das geplante Joint Venture „eROCKIT DEFENCE“ haben wir leider absagen müssen, da die Insolvenz der eROCKIT Systems GmbH unerwartete Herausforderungen mit sich brachte. Wir prüfen weiterhin Optionen, um ein ähnlich ausgerichtetes Projekt aufzunehmen oder alternative Partnerschaften einzugehen.
FM: Bereits Anfang des Jahres hatte ARI bereits erfolgreich selber im Bereich militärischer Elektrotransporter punkten können und sein Produktportfolio in diese Richtung erweitert und dabei gleichzeitig den Markteintritt / Einsatz bei der Bundeswehr und der tschechischen Armee vermeldet. Wurden die Fahrzeuge bereits ausgeliefert? Wie ist hier das Feedback und wie sieht es mit der Teilnahme an weiteren Ausschreibungen aus? Dies wurde ja zumindest in Aussicht gestellt.
Thomas Kuwatsch: Unsere Elektrotransporter für militärische Zwecke wurden bereits an die Bundeswehr und die tschechische Armee ausgeliefert. Das Feedback ist durchweg positiv, insbesondere hinsichtlich Zuverlässigkeit und Einsatzfähigkeit. Wir sind aktiv in weiteren Ausschreibungen und sehen hier ein wachsendes Marktsegment mit attraktivem Potenzial.
FM: Natürlich steht der militärische Bereich, zumindest noch, nicht im Fokus des operativen Geschäfts der ARI Motors Industries SE. Im Fokus steht der Verkauf von günstigen und umweltfreundlichen Transportmitteln für Unternehmen, Kommunen und Organisationen. Seit 2023 hat sich dazu noch der Verkauf von Elektrofahrzeugen für Privatkunden gesellt. Das Modell ARI 902 (Leichtfahrzeugklasse L7e) war das erste Stadtauto im Portfolio des Unternehmens. Dazu gesellten sich Modelle wie der ARI Bruni, Soleno und seit Mai 2025 bietet ARI mit dem fünftürigen ARI Poly sogar einen echten Elektro-Kleinwagen der Pkw-Klasse M1. Seitdem ARI die Marke der 1.000 verkauften Fahrzeuge geknackt hat, spielen zudem die Bereiche Reparatur- und Wartung, als auch der Handel mit eigenen Gebrauchtwagen eine immer gröβere Rolle hinsichtlich Umsatz und Ertrag. Welcher Bereich wird im laufenden Geschäftsjahr welchen prozentualen Anteil zum Umsatz beitragen, welcher Bereich hat die höchsten Wachstumsraten und nicht zuletzt: welcher Bereich hat die gröβten Margen?
Thomas Kuwatsch: Im laufenden Geschäftsjahr erwarten wir folgende Anteile am Gesamtumsatz:
- Fahrzeugverkauf: ca. 60%
- Reparatur und Wartung: ca. 25%
- Gebrauchtwagenhandel: ca. 15%
Die höchsten Wachstumsraten verzeichnen wir im Bereich Reparatur und Wartung, da die Fahrzeugflotte wächst und damit der Servicebedarf steigt. Die besten Margen erzielen wir aktuell im Gebrauchtwagenhandel und bei Reparaturdienstleistungen.
FM: Mitte April veröffentlichte ARI eine Ad-hoc-Mitteilung in der Sie sagten, dass die Geschäftsführung von ARI Motors davon ausgeht, Umsatz und Ertrag auch im laufenden Geschäftsjahr signifikant steigern zu können, um damit ein weiteres Mal das beste Ergebnis der Unternehmensgeschichte erwirtschaften zu können. Stehen Sie noch zu dieser Aussage und mit welchem Umsatz und Ertrag rechnen Sie für das Geschäftsjahr 2025?
Thomas Kuwatsch: Wir bestätigen unsere Prognose, Umsatz und Ertrag im Geschäftsjahr 2025 trotz des schwierigen Martumfeldes signifikant zu steigern. Konkret rechnen wir weiterhin mit einem Umsatzwachstum gegenüber 2024 und einer deutlichen Verbesserung der Ertragslage, um erneut das beste Ergebnis der Unternehmensgeschichte zu erzielen.
Die nachfolgende Übersicht zeigt die Bewertungen der Referenzunternehmen aus dem Bereich der E-Mobilität:
Emittent | ISIN | Börsenwert | Umsatz | KUV | KGV 2025 |
TESLA | US88160R1014 | 969 Mrd. USD | 96 Mrd. USD | 10 | 218 |
BYD | CNE100000296 | 110 Mrd. USD | 114 Mrd. USD | 1 | 18 |
LiAuto | US50202M1027 | 21 Mrd. USD | 20 Mrd. USD | 1 | 21 |
XPeng | US98422D1054 | 13 Mrd. USD | 7 Mrd. USD | 2 | neg. |
Rivian | US76954A1034 | 13 Mrd. USD | 5 Mrd. USD | 3 | neg. |
FM: Lassen wir Tesla – die ja auch nach Meinung vieler Experten deutlich überbewertet ist – einmal auβen vor und konzentrieren uns auf die verbleibenden Unternehmen. Eines wird deutlich: der Börsenwert liegt stets über dem Umsatz – und das auf Basis der Schätzungen für das laufende Jahr. Wenn man bei ARI Motors nur die Zahlen des vergangenen Jahres zu Grunde legt, müssten Aktienkurs und Börsenwert mindestens doppelt so hoch sein. In Bezug auf den Gewinn können wir ebenfalls die Zahlen des vergangenen Jahres zu Grunde legen. Hier kommen wir auf einen Börsenwert von 6,5 Mio. EUR – der aktuelle Börsenwert liegt aber nur bei 2,8 Mio. EUR. Woran denken Sie, liegt dieser enorme Abschlag und was gedenken Sie zu tun, damit der Aktienkurs in diese Richtung geht?
Thomas Kuwatsch: Der derzeitige Börsenwert reflektiert aus unserer Sicht noch nicht das volle Potenzial von ARI Motors. Die Diskrepanz zu vergleichbaren Unternehmen ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen, darunter die noch geringe Bekanntheit, die Größe des Unternehmens und die allgemeine Volatilität kleinerer Aktien.
Um den Aktienkurs nachhaltig zu stärken, setzen wir auf:
- Kontinuierliche Verbesserung der operativen Ergebnisse
- Ausbau der Innovationsprojekte und Produktpalette
- Intensivierte Kommunikation mit Investoren und Analysten
- Strategische Partnerschaften und Markterweiterungen
Wir sind überzeugt, dass diese Maßnahmen mittelfristig zu einer deutlichen Neubewertung unserer Aktie führen werden.
FM: Herr Kuwatsch, vielen Dank für das Gespräch.