Das könnte schwierig werden. Microsoft hat gestern nach Börsenschluss ebenfalls seine Zahlen zum vierten Quartal des zurückliegenden Geschäftsjahres vorgelegt. Dabei konnte der Software-Konzern, der sich in Zukunft auch massiv auf Cloud, Künstliche Intelligenz und Gaming fokussieren will, einen Gewinn je Aktie von 2,69 Dollar ausweisen. Die von Refinitiv berechneten Konsensschätzungen lagen hier nur bei 2,55 Dollar je Aktie. Außerdem übertraf Microsoft mit einem Umsatz von 56,19 Milliarden Dollar das Vorjahres Ergebnis um 8 % und auch die entsprechenden Markterwartungen.
Allerdings gibt es einige Aspekte des neuen Berichtes, die den Markt zumindest nicht glücklich machen. Dazu zählt insbesondere, dass zum ersten Mal seit 2017 das Wachstum nun drei Quartale infolge unter 10 % betrug. Hinzu kommt, dass insbesondere der gewünschte Wachstumstreiber, die Cloud-Plattform Azure, nur um 26 % gegenüber dem Vorquartal zulegen konnte nach 27 % im dritten Quartal. Auch wenn der Umsatz insgesamt zum Vorjahr um 40 % zulegte, könnte dies so interpretiert werden, dass hier die Wachstumsdynamik weiter abnimmt.
Wie lief es in den einzelnen Sparten?
Noch ein Blick auf die anderen Zahlen: Microsofts Intelligent-Cloud-Segment trug 23,99 Milliarden US-Dollar zum Umsatz bei, ein Plus von 15 % und mehr als der Konsens der von StreetAccount befragten Analysten von 23,79 Milliarden US-Dollar. Die Einheit umfasst die öffentliche Cloud Azure, SQL Server, Windows Server, Visual Studio, Nuance, GitHub und Unternehmensdienste.
Der Azure-Umsatz stieg im Quartal um 26 %, verglichen mit 27 % Wachstum im Vorquartal und 40 % im Vorjahresquartal. Die von CNBC und StreetAccount befragten Analysten hatten für Azure, das mit Amazon Web Services und Google Cloud Platform konkurriert, ein Wachstum von 25 % erwartet. Microsoft weist die Azure-Einnahmen nicht in Dollar aus. Die Google-Muttergesellschaft Alphabet teilte am Dienstag mit, dass der Umsatz mit ihren Cloud-Produkten, zu denen neben der Google Cloud Platform auch die Produktivitätsanwendungen von Google Workspace gehören, um 28 % gestiegen ist.
Aus Sorge vor einer sich verschlechternden Wirtschaftslage haben sich Unternehmen, die Cloud-Dienste von Microsoft, Amazon und Google nutzen, in den letzten Monaten Zeit genommen, ihre bestehenden Arbeitslasten anzupassen, um Kosten zu senken. Gleichzeitig haben diese drei führenden US-amerikanischen Cloud-Anbieter ihre eigenen Ausgaben gesenkt.
Zum ersten Mal seit 2016 sind die Forschungs- und Entwicklungskosten von Microsoft im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Im Mai teilte Microsoft-CEO Satya Nadella den Mitarbeitern mit, dass das Unternehmen in diesem Jahr keine Gehaltserhöhungen vornehmen wird. Am 10. Juli gab Nadella ein Memo über eine neue Runde von Stellenstreichungen heraus, die unabhängig von der im Januar begonnenen Entlassungsrunde von 10.000 Mitarbeitern ist.
Microsofts Produktivitäts- und Geschäftsprozess-Segment, das Office-Produktivitätssoftware, LinkedIn und Dynamics umfasst, erzielte einen Umsatz von 18,29 Milliarden Dollar, ein Plus von 10 % und mehr als der StreetAccount-Konsens von 18,06 Milliarden Dollar.
Der Unternehmensbereich More Personal Computing, der das Windows-Betriebssystem, Geräte, Spiele und Suchwerbung umfasst, verzeichnete einen Umsatz von 13,91 Milliarden US-Dollar. Diese Zahl bedeutet einen Rückgang von etwa 4 %, übertrifft aber immer noch den StreetAccount-Konsens von 13,58 Mrd. Dollar.
Der Verkauf von Windows-Lizenzen an Gerätehersteller ging um 12 % zurück. Verbraucher und Unternehmen haben sich nach dem Beginn von Covid mit dem Kauf von PCs beeilt, was Vergleiche für das vergangene Jahr schwierig macht. Das Marktforschungsunternehmen Gartner schätzt, dass die PC-Lieferungen, einschließlich der MacBooks von Apple, in diesem Quartal um etwa 17 % zurückgegangen sind.
Microsofts Hoffnungsträger KI
Im Laufe des Quartals baute Microsoft seine breite Allianz mit OpenAI aus, um von dem neuen Interesse an künstlicher Intelligenz zu profitieren, nachdem im November der Chatbot ChatGPT des Startups vorgestellt wurde. Microsoft stellte einen Chatbot vor, der zum Teil auf OpenAI-Sprachmodellen basiert, um Arbeitnehmern dabei zu helfen, die Daten ihrer Arbeitgeber zu verstehen, und teilte Entwicklern mit, dass sie in der Lage sein werden, Plugins zu entwickeln, auf die die Nutzer über ChatGPT, den Chatbot der Suchmaschine Bing und andere Tools zugreifen können.
Nachbörslich musste die Aktie bislang Leichtabgaben von rund 0,5 % hinnehmen. Schon in vergangenen Tagen ging es etwas stärker nach unten, nachdem Ende letzter Woche die US-Kartellbehörde ihren Widerstand gegen die Übernahme von Activision Blizzard durch Microsoft aufgegeben hatte. Was eigentlich ein Sieg für Microsoft ist, wird natürlich im Markt erst mal kritisch beäugt. Denn letztlich kostet dieser Sieg dann durch die Übernahme ganze 69 Milliarden Dollar, die Microsoft als Kaufpreis auf den Tisch legen muss.
Fazit: Trotz der jüngsten Volatilität bleibt bislang noch der Aufwärtstrend intakt. Anleger sollten dies entsprechend weiter beobachten. Ein Rückzug aus Microsoft wäre hier jetzt sicherlich noch nicht angesagt. Aber vorhandene Gewinne sollten abgesichert werden.